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HAGEN begrüßt Kurswechsel und fordert Freiheitstag

Zur Regierungserklärung in der 91. Sitzung des Bayerischen Landtages hat Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion, folgende Rede gehalten: 

"Die Beschlüsse der Staatsregierung sind ein Paradigmenwechsel:

  • Wegfall der Kontaktbeschränkungen
  • Mund-Nasen-Schutz statt FFP2-Maske
  • Wegfall der Sperrstunde
  • Öffnung von Clubs unter strengen Sicherheitsauflagen
  • Wegfall der Kundenbeschränkung im Einzelhandel
  • Höhere Auslastung bei Kultur- und Sportveranstaltungen
  • Inzidenzunabhängiger Präsenzunterricht
  • Ganz generell Abkehr vom Inzidenzwert als Kriterium der Corona-Politik und stattdessen das Augenmerk auf die Auslastung der Krankenhäuser

All das haben wir lange gefordert. All das hätten wir früher haben können – andere Länder um uns herum haben es vorgemacht.

 

Aber heute ist nicht der Tag, zurückzuschauen, sondern festzustellen: Der Kurswechsel der bayerischen Staatsregierung ist richtig, die Richtung stimmt jetzt und wir werden als liberale Opposition weiter Druck machen, damit Bayern die Rückkehr zur Normalität gelingt. 
Rückkehr zur Normalität, das heißt perspektivisch das Ende aller Einschränkungen. So wie es in Ländern wie England oder Dänemark gemacht wird. Diese Rückkehr zur Normalität ist möglich und sie ist geboten, weil 

  • erstens dank der hohen Impfquote insbesondere bei den Risikogruppen eine Überlastung des Gesundheitssystems unwahrscheinlich geworden ist, und
  • zweitens jeder Einzelne inzwischen die Möglichkeit hat, sich selbst durch eine Impfung vor einem schweren Verlauf zu schützen. 

In dieser Situation – ohne eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems und mit der Möglichkeit des Einzelnen, sich selbst eigenverantwortlich zu schützen – endet die kollektive Schutzverantwortung des Staates. In dieser Situation darf der Staat die Bürger nicht länger einschränken und bevormunden. 

 

Und deshalb stellen wir, die FDP-Fraktion, heute den Antrag, einen Stichtag zu benennen, an dem alle Einschränkungen enden. Einen Freedom Day, einen Freiheitstag. Und wenn Sie jetzt sagen, dieser Antrag sei unverantwortlich, dann lese ich Ihnen jetzt ein Zitat des Kanzleramtschefs Helge Braun vom 6. März vor. Braun hat gesagt: 

'Wenn wir jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht haben, dann können wir zur Normalität in allen Bereichen zurückkehren. Diejenigen, die ihr Impfangebot nicht wahrnehmen, treffen ihre individuelle Entscheidung, dass sie das Erkrankungsrisiko akzeptieren.'

Der Chef des Bundeskanzleramtes am 6. März 2020. Meine Damen und Herren, wir erheben keine radikalen Forderungen, sondern wir fordern nicht mehr und nicht weniger, als dass die Regierung Wort hält. Wir müssen zurück zu Normalität und Eigenverantwortung! 

 

Und das gilt natürlich für alle Bürger gleichermaßen, Geimpfte wie Ungeimpfte. Denn die Entscheidung, ob man sich impfen lässt, muss eine freie Entscheidung bleiben. Eine solche Entscheidung trifft der Einzelne am besten auf der Grundlage von Fakten – und die sprechen eine deutliche Sprache: 

Die Sieben-Tages-Inzidenz lag in Bayern letzte Woche unter den vollständig Geimpften bei 9, unter den Ungeimpften bei 110. Und von den Menschen, die in den vergangenen zwei Monaten mit Covid in einem bayerischen Krankenhaus behandelt wurden, waren rund 85 Prozent ungeimpft. 

Die Impfung bringt also keine hundertprozentige Sicherheit, aber sie reduziert das Risiko einer Infektion und sie bietet einen hohen Schutz vor schweren Verläufen. Deshalb sagen wir als Partei von Freiheit und Verantwortung Nein zur Impfpflicht, aber Ja zur Impfung aus freier Entscheidung mit guten Argumenten. 

 

Sehr geehrte Vertreter der Staatsregierung, ich habe ja eingangs Ihre neuen Beschlüsse als Schritt in die richtige Richtung gewürdigt. Wir sind bei vielem noch nicht einer Meinung, aber wir sind jetzt deutlich näher beisammen als wir es schon mal waren. Wir erkennen auch an, Herr Ministerpräsident, dass Sie sich hier gerade ausdrücklich dazu bekannt haben, es dürfe und werde keinen neuen Lockdown geben. Und auch keine Impfpflicht. Wir nehmen Sie da beim Wort.

Wir werden jetzt mit Spannung verfolgen, wie nachhaltig, wie verbindlich Ihre Aussagen sind. Können wir uns zum Beispiel darauf verlassen, dass die Schulen diesmal wirklich offen bleiben – auch für den Fall, dass im Herbst die Inzidenzen stark steigen? Der monatelange Schullockdown war meiner Meinung nach der größte Fehler Ihrer Corona-Politik. Das darf Kindern und Familien nicht noch einmal zugemutet werden. Darauf werden wir ein Auge haben. 

 

Wir wissen, und das ist inzwischen ja auch Konsens, dass das Corona-Virus nicht komplett verschwinden wird. Dass wir lernen müssen, als Gesellschaft damit zu leben. Einen pragmatischen Umgang damit finden müssen, wie mit anderen Infektionskrankheiten auch. 

Die lauten Stimmen, die vor einigen Monaten noch radikale Null-Covid-Strategien propagiert haben, sind inzwischen verstummt. Gut so. Dieser Ansatz ist auch gescheitert. In Ländern wie Deutschland, mit neun direkten Anrainerstaaten, in einem Europa mit offenen Grenzen, war das immer illusorisch. Aber selbst in geografisch isolierten Inselstaaten wie Australien funktioniert es nicht. Dort reiht sich aktuell Lockdown an Lockdown, Ausgangssperren werden von Militärpatrouillen kontrolliert, Bürger werden daran gehindert, kranke oder sterbende Angehörige zu besuchen. Es ist bedrückend, wie in einem dystopischen Film – und trotz allem verbreitet sich das Virus auch dort. 

Wir haben in den vergangenen eineinhalb Jahren erlebt, wie schnell Tabus fallen und Maßstäbe verrutschen. Wie leichtfertig Grundrechte zur Disposition gestellt werden. Umso wichtiger ist dann eine politische Kraft, die auch in Krisenzeiten auf Verhältnismäßigkeit achtet und ihre Sensibilität für die Bürgerrechte bewahrt.  Auch, wenn es gerade nicht en vogue ist. Wenn es einem nicht den Applaus des Tages einbringt. Darauf – das haben wir gezeigt – können sich die Bürgerinnen und Bürger bei der FDP verlassen.