Die Anfangszeit eines neuen Jahres ist für die meisten Bezirksräte eher eine ruhige Sitzungszeit, nachdem im November und Dezember alle Ausschüsse aufgrund der anstehenden Beschlussfassung über den Haushalt tagen. Für mich persönlich stand zunächst mit dem Werksausschuss Kloster Seeon nur eine kurze, dafür aber wichtige Sitzung an, da über die Gestaltung der neuen Zimmer im Zuge der Renovierungsarbeiten diskutiert wurde. Die Aufgabe im Werksausschuss für das Kultur- und Bildungszentrum ist aus liberaler Sicht eine sehr zwiespältige, aber auch spannende Aufgabe. Auf der einen Seite ist es eigentlich keine Aufgabe des Staates, ein Tagungshotel zu betreiben, auf der anderen Seite muss der Bezirk seine Liegenschaften auch sinnvoll nutzen, insbesondere wenn allein die Kosten für Denkmalschutz den Rahmen sprengen würden. Der Werksausschuss übernimmt hierbei als Kontroll- und Beschlussgremium die Aufgabe, den Ablauf des Betriebs im Sinne der Bürger in Oberbayern zu beeinflussen. Meine familiäre Verwurzelung in der Gastronomie hilft mir bei dieser Aufgabe sehr und der Geschäftsführer der Einrichtung, der selbst aus dem Hotellerie- und Gastronomiegewerbe kommt, versteht seinen Job und leistet mit seinem Team eine hervorragende Arbeit. Da passiert es häufiger, dass Politiker anderer Fraktionen mit Wünschen und Ideen kommen, die zwar schön klingen und andernorts funktionieren, jedoch im Kloster Seeon kaum anwendbar sind. U.a. wurde über die Verpachtung eines Gebäudes zur gastronomischen Nutzung diskutiert, was aber in diesem Fall eher realitätsfremd ist, da zum einen die Räumlichkeiten für eine Vollgastronomie nicht ausreichend waren und zum anderen durch die Nähe der Klostergaststätte eine Konkurrenzsituation entstehen würde, die weder im Sinne eines Pächters noch des Kloster Seeons wäre.
Natürlich heißt „ruhige Sitzungszeit“ nicht, dass man als Bezirksrat nichts zu tun hat. Insbesondere in den ersten Monaten eines Jahres finden viele Versammlungen und Neujahrsempfänge der Vereine und Verbände an, zu denen man hinfahren sollte. Denn schließlich ist ein wichtiger Teil der politischen Arbeit das Netzwerken mit anderen Personen. Hierbei geht es nicht nur um „Gesicht zeigen“ für kommende Wahlen, sondern es hilft in erster Linie bei der täglichen politischen Arbeit. Gerade auf kommunaler Ebene, wo man ehrenamtlich Politik gestaltet, sind die Entscheidungen näher am Bürger dran, somit ist man auf Input aus der betroffenen Bevölkerungsschicht angewiesen. Als konkreter Fall sind mir Gespräche mit Musikverbänden besonders im Gedächtnis geblieben, die von ihren Problemen berichtet haben, neben viel Bürokratie insbesondere die schwierige Lage mit Räumen zur Aufnahme und Vorbereitung. Der geplante Ausbau des Volksmusikarchivs zu einem Musikzentrum Oberbayern leistet hier Abhilfe. Insbesondere stellt es eine Verbesserung der Situation für junge Musiker auch außerhalb der Volksmusik dar. Kultur ist nämlich mehr als Volksmusik!
Ein kleines Highlight stand dann Anfang Februar auf dem Programm: seit langem war mal wieder eine Schulklasse zu Besuch im Bezirkstag. Die Elftklässler aus der Wirtschaftsschule in Bad Aibling im Landkreis Rosenheim konnten dabei u.a. mit Vertretern der Fraktionen, zumeist aus der Region Rosenheim, diskutieren. Auch hier merkte man, dass der Bezirk für viele eine schwer greifbare Angelegenheit ist, denn viele Fragen der Schüler drehten sich weniger um den Bezirk oder Bezirkstag, sondern vermehrt um Themen der Kommunalwahl und persönliche Beweggründe der Bezirksräte für ihren Einsatz im Bezirk. Auch Bundes- und Landesthemen, wie die Legalisierung von Cannabis oder das Wahlrecht ab 16 Jahren, wurden von den Schülern thematisiert. Das kann ich auch nachvollziehen, denn mit 17 Jahren habe ich noch nicht ansatzweise daran gedacht, mal im Bezirkstag zu sitzen oder mich intensiv mit den Fragen rund um Kultur-, Heimat- und Denkmalpflege auseinanderzusetzen.
Wichtiger als das Interesse am Bezirk ist aber natürlich das Interesse an den politischen Entscheidungen im Allgemeinen, denn nur so kann man etwas verändern. Das fängt am eigenen Wohnort, in der eigenen Kommune an, wo jede Entscheidung des Stadt- oder Gemeinderats und der lokalen Verwaltung direkt spürbar ist. In diesem Sinne wünsche ich allen Wahlkämpfern viel Erfolg, denn wir brauchen mehr liberale Stimmen in den Rathäusern, um vor Ort die Dinge positiv zu verändern.
- Daniel Reuter -