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HAGEN fordert audio-visuelle Aufzeichnung von Strafprozessen

In einem Beitrag für die Bayerische Staatszeitung (morgige Ausgabe) fordert der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bayerischen Landtag, Martin Hagen, Stafprozesse künftig audio-visuell aufzuzeichnen. Justizminister Georg Eisenreich vertritt die Gegenposition.

Dazu Hagen: "Gerichtsverhandlungen in Bild und Ton zu dokumentieren schafft Nachvollziehbarkeit und Transparenz. Außerdem entlastet es die Richterinnen und Richter bei ihrer Arbeit. Warum sträubt sich Bayerns Justizminister dagegen?"

Hagens Beitrag aus der Bayerischen Staatszeitung im Wortlaut:

Deutschland ist bei der Dokumentation von Strafprozessen im 19. Jahrhundert stehen geblieben. Dem modernen Anspruch an Objektivität, Nachvollziehbarkeit und Transparenz werden die bis heute üblichen handschriftlichen Notizen der Richterinnen und Richter längst nicht mehr gerecht. Ein Blick über den nationalen Tellerrand zeigt, wie es gehen könnte: Am Internationalen Gerichtshof in Den Haag werden alle Verhandlungen in Bild und Ton aufgezeichnet. Nicht anders handhabt man es beispielsweise in Schweden. Bei deutschen Strafverfahren müssen die Richterinnen und Richter unterdessen oft gleichzeitig Zeugen hören, Fragen stellen, Angeklagte beobachten und eben Notizen zu den Aussagen machen. Das Fehlerrisiko ist offensichtlich: Notizen können Lücken aufweisen, und es besteht die Gefahr unbewusster Selektion aufgrund der richterlichen Mehrfachbelastung.

Die FDP fordert daher, dass künftig Prozesse gefilmt und Tonaufnahmen gemacht werden. Das bedeutet nicht, dass die Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten künftig weniger geschützt wären. Audio-visuelle Aufzeichnungen sollen in erster Linie die Richterinnen und Richter entlasten und den Prozess besser nachvollziehbar machen. Es ist nicht ihr Zweck, Strafprozesse automatisch in eine Art öffentlichen Livestream zu verwandeln. Auch bei einer erneuten Überprüfung des Urteils in einer höheren Instanz kann genau festgelegt werden, in welchem Umfang man sich auf die Aufzeichnungen berufen kann.

Die Strafverfolgung ist oft ein massiver Eingriff in die bürgerliche Existenz des Betroffenen. Die Folgen eines Urteils können ein ganzes Leben verändern. Objektivität, Nachvollziehbarkeit und Transparenz im Strafprozess sind daher keine Fragen für den Elfenbeinturm der rechtswissenschaftlichen Forschung – sie sind das Gebot eines Rechtsstaats, der beim Thema Strafverfahren endlich im 21. Jahrhundert ankommen muss.